Freitag, 16. Juni 2017

Zum Kurvenräubern und Tanken nach Luxembourg

Südbelgien und Nordluxembourg

Am Samstag in der letzten Woche wollten meine BSVA und ich kurz nach Luxembourg, ein paar Kurven in Südbelgien und dort, in Lux, räubern und zudem günstig tanken.

Geplant war folgende Route:


Start in Grenznähe bei Aachen, über Kelmis, Wahlhorn nach Eupen, dann dort über das Hohe Venn nach Malmedy und weiter bis hinab nach St.Vith. Bei Burg Reuland, nahe Stupbach, auf kleinster K nach Deutschland, wiederum auf Kleinst-K nach Oberhausen und durchs Ourtal Richtung Luxembourg. Ein asphaltierter Feldweg nach Tintesmühle, dort wiederum ein Landeswechsel nach Deutschland und über Dasbourg au pont zurück nach Lezebuerg. Dort ein paar CRs geräubert, Zwischenaufenthalt in Clervaux und dann wieder nördlich zur belgisch-luxembourgischen Grenze, ein kurzer Tankstopp und dann durch Südbelgien über Coo (Kaffeepause) und Spa zurück ins Eupener Land.

So der Plan!

Gekommen war es jedoch anders:


und dies kam so:

Den ersten Teil der geplanten Route konnten wir problemlos absolvieren, denn die Anreise Eupen, Hohes Venn, St.Vith verlief bis auf eine kleine Umleitung/Deviation wegen Straßenbauarbeiten reibungslos. Länderwechsel im Dreiländereck zwischen D/B/Lux sind nirgends ein Problem, auch wenn man hin und wieder in Ortschaften oder auf kleinsten Ks dann mal durch Baustellen fahren muss, weil eine alternative Strecke einfach fehlt.

So kamen wir im Ourtal an:

im Ourtal
im Ourtal


Weiter ging es nach dem Länderwechsel usw. zur Feldwegstrecke Richtung Tintesmühle, auf der wir einen kurzen Verschnaufer machten:

niemand weit und breit
BSVA
irgendwo im Nirgendwo



 
Pause :-)
kleiner Kaffeepott
nicht ernst nehmen!

herrliches Wetter
nicht gesperrt
Nach dieser kurzen Pause ging es kreuz und quer über die CRs nach Clervaux, ein wirklich schönes Städtchen, dem wir uns von oben über Serpentinen näherten und das zum Photoshooting regelrecht einlud.

Also flugs die Maschine auf der Bergabstraße gewendet und in Fahrtrichtung bergauf geparkt, damit sie sich nur ja nicht auf der Gefällestrecke von alleine vom Seitenständer abrollt und vielleicht auf Seite kippt.

Dann das Prozedere, indem meine BSVA und ich schon sehr geübt sind, das Auf- und Absteigen, hier ist sie natürlich zum Photographieren dann abgestiegen.

Immer wieder der gewohnte Ablauf:
Anhalten, Motor aus, Maschine im Gang und mit Vorderradbremse "festgenagelt", Beine in den Boden gestemmt, Maschine fest im Schritt geklemmt, Anfrage von der Sozia "kann ich", kurzes o.k. von mir zu Bestätigung und meist, auch ohne großes Gewackle, steigt sie dann semiprofessionell ab, dann weicht sie meinem Beinkreis aus, damit auch ich langer Kerl recht ungelenk der Tiger entklimmen kann. So geht es immer gut, so auch hier.

Das Tagesproblem war bereits eingetroffen, aber wir hatten es noch nicht vernommen.   

Nun das GSM (Handy) raus, denn eine Kamera hatten wir nicht dabei. Trotzdem sind einige Bilder zumindest als schöner Eindruck von Clervaux gelungen:


Die Photos waren im Kästchen, es sollte weiter gehen, sollte!

Beim Starten der Maschine, eigentlich schon beim Zündschlüsseldrehen, konnte ich das Unheil sehen:
Nur die ABS-Leuchte flackerte in schwächlich, gelblichem Farbton, sonst alles TOT!
Keine Kontrollleuchten, kein Drehzahlmesserausschlag, keine Anzeigen im LCD-Feld, geschweige denn ein Geräusch der Drosselklappen, Servomotoren, Einspritzanlage usw.
Alles absolut TOT!

Mein erster Gedanke war, die schleifst Du im Gang bergab wieder an, hast Du mit der XF650 auch oft gemacht, wenn Du mal wieder all die Verbraucher vergessen hattest und die Batterie platt war.

Gesagt getan, die Tiger bergauf geschoben und zwischen dem Verkehr gewendet, Helm auf, Handschuhe an, rollen gelassen, in den 2ten Gang geschaltet und es erfolgte der erste Anschleifversuch. Ergebnis, die Kiste bremste im 2ten ab und kam zum stehen.
Hab ja noch ein paar Geraden, also um die Serpentine gerollt, nun dritter Gang, doch wieder nix.
Aber da ist ja noch eine Gerade nach der nächsten Serpentine. Diesmal dann den vierten Gang gewählt, Prust und Stotter, doch die Spannung reichte nicht für Zündung und Einspritzanlage, wieder nix.
Es gingen mir die Geraden aus und ich war unten in Clervaux.
Dort halt auf einen Parkplatz gerollt, erst mal abgestellt und Klamotten aus.

Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass wir einen herrlichen Sonnentag hatten?
Es war heiß, ich schwitzte wie Schwein.

Langsam dackelte die BSVA dann zu mir runter. Als sie ankam, hatte ich die Sitzbank der Tiger schon runter, die unter der Sitzbank befindliche Batterie schon frei und die Starthilfekabel, welche ich eigentlich für andere mitführe, ausgepackt.

Es sollte auch nicht allzu lange dauern, da kam eine Horde flämisch sprechender Belgier auf ihren Ducatis, Aprilias und KTMs zu mir, sahen meine Bredouillie und baten sofort Hilfe an.
Einer parkte seine Aprilia direkt neben meiner Tiger und spendete Spannung mit Hilfe meiner Starthilfekabel, aber es tat sich nichts.
Er war dann sogar so freundlich, baute seine Sitzbank ab und sein halbes Motorrad auseinander, um mir seine Batterie für einen Startversuch zu überlassen.
Mit seiner Batterie ging sofort der ganze Christbaum der Tiger an, es grummelten die Servomotoren, es surrte die Einspritzanlage und die Maschine lies sich starten.
Klemmte man jedoch seine Batterie ab, so erstarb sofort der Motor.
Die heutigen High-Tech-Maschinen laufen leider nicht ohne Spannungsversorgung.
Es wurde die Idee des Bypasses geboren.
Während ein Teil der Motorradrotte ins Städtchen gingen, um dort etwas zu trinken, blieb der harte Kern bei mir, um die Triumph irgendwie wieder ans Laufen zu bekommen.
Direkt an den Kabeln hing nun die Aprilia-Batterie, dahinter stand die Triumph-Batterie, beide Batterien verbunden mit den Starthilfekabeln. Der Versuch sollte wie folgt laufen:
Die Tiger springt wie zuvor mit der Aprilia-Batterie an und erhält die nötige Restspannung für den Steuerungscomputer von der ausgelutschten Triumph-Batterie, so dass diese den Computer, die laufende Lichtmaschine den Motor versorgen und die Starthilfebatterie der Aprilia dem Stromkreis entnommen werden kann.
So der Plan!
Doch daraus wurde NIX!
Sobald meine alte Batterie im Stromkreis eingebunden war, schloss sie diesen scheinbar kurz und aus war die Maus.
SCHADE!

Von den netten und sehr hilfsbereiten Motard konnten wir uns nur freundlich und dankend verabschieden, immerhin nun in der Gewissheit, nur die Batterie ist kaputt, vermutlich ein Zellenbruch oder interner Kurzschluss.

Nun erfolgte der erste und nicht letzte Anruf diesen Tages: ich kontaktierte meinen FTH in Eupen.
Nicht, dass ich von ihm depaniert werden wollte, aber vielleicht hatte er ja eine Ersatzbatterie vor Ort und ggf. auch einen willigen Kunden, der so wieso in Richtung Luxembourg touren wollte.
Doch dies war leider eine Fehlannahme und ich konnte mich auch dort nur freundlich verabschieden und auf den ADAC, in dem ich seit 1988 Mitglied bin, hoffen.

Ein Anruf bei der Pannenhotline verband mich kurzfristig mit dem ACL (dem luxembourgischen ADAC) in Diekirch. Nach etlichen Rückfragen vom Service und ständigen Hinweisen von mir, dass ich lediglich eine neue Batterie benötigte, sandte man mir ein Servicefahrzeug zu.
Der eintreffende Mitarbeiter war sehr freundlich, in stromtechnischen Dingen bewandert, führte mehrere Tests durch und kam zum selben Ergebnis: Lichtmaschine o.k., Batterie TOT! Zellenbruch oder Kurzschluss.
Und dann kam das, was zu erwarten war, weder ADAC, noch ACL, noch ein anderes Unternehmen, hat Ersatzteile für Motorräder geschweige denn Ersatzbatterien für selbige im Wagen oder in der Nähe im Zugriff. Normalerweise wird man mit liegen gebliebenem Motorrad halt per Hänger abgeschleppt.
Um dies zu vermeiden schlug mir der ACL-Mensch dann noch eine Mac Gyver Methode vor, mit deren Hilfe ich zumindest auf eigenen Rädern nach Hause kommen würde:
Er nutze meine Starthilfekabel und versehe diese mit Kontaktösen. Dann nähme er eine kleine Autobatterie, welche meine BSVA auf dem Schoß auf dem Soziusplatz zu sich nehme. Die Kabel dieser Spenderbatterie gingen dann unter den Sitz zu den Kontakten der Tiger und ich könnte so zumindest kurzfristig nach Hause fahren.
Kosten: Meine Starthilfekabel i.H.v. ca. 20,-€, weil die durch den Umbau drauf gingen und 155,-€ für die kleinste Autobatterie, welche ich vor Ort und bar zu zahlen hätte.
Diesen Vorschlag lehnte ich dankend ab, da wir weder so viel Bargeld dabei hatten, noch ich diese teure Lösung, die für mich in einer dann teuer bezahlten und nicht mehr von mir zu gebrauchenden Autobatterie mündete, ab.
Somit blieb nur noch das Depanieren übrig.
Hier erklärte mir der Mitarbeiter des ACL dann jedoch, dass die Schlepper vom ACL am Wochenende nicht über die belgische Grenze fahren und mein Motorrad und mich nicht nach Hause verbringen dürften, so dass ich mich über den ADAC von einem deutschen oder belgischen Pannendienst transportieren lassen müsste.

Also wiederum im Beisein des ACL den ADAC angerufen. Der Münchner Mitarbeiter erklärte sich bereit, mir einen Abschleppdienst zu beschaffen, es würde aber aufgrund der vielen Vorfälle am Wochenende sicherlich 20:00Uhr werden, bis jemand in Clervaux einträfe. Eine Ersatzbatterie verneinte er ebenfalls.
Ich kam mir vor als wäre ich in Timbuktu gestrandet.

Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass es heiß war?
Ich und nun auch meine BSVA schw......


Während ich so mit dem ADAC, welcher tatsächlich ein St.Vither Unternehmer ausfindig gemacht hatte, das mich nach Hause bringen könnte, dies jedoch wirklich erst nach 20:00Uhr, telefonierte, kam jemand auf uns und die Tiger zu. Er stellte sich kurz vor, erläuterte, dass er bei einem luxembourgischem Busunternehmen arbeite und mein Missgeschick bei seiner Pause vom Wegesrand gesehen habe. Dies hätte ihn so sehr an seine Panne auf dem letzten Italienurlaub erinnert, dass er umgehend helfen wollte.
Er bot mir an, da er zwei Motorräder besäße, mir die aus seiner Varadero zu bringen, weil sie aufgrund ihrer Größe und den technischen Werten meiner Triumph-Batterie entspräche.
Da er noch, je nach Fahrgastsituation, bis 20:00Uhr arbeiten müsse, käme er dann erst danach umgehend zu uns. Falls er früher Dienstschluss machen könne, dann auch früher. Eine Alternative besser als der Abschlepper vom ADAC. Den sagte ich daher ab. Wir tauschten noch Vornamen und GSM-Nummern aus, dann verschwand Alain zu seinem Bus.

Wir nutzten die Wartezeit und versuchten das beste aus der Situation zumachen.
Also schoben wir die Tiger abseits an die Hauswand der Administration Communale und gingen ins Städtchen.
Nachdem wir uns Clervaux, an welchem wir bislang immer nur vorbei gefahren sind, angesehen hatten, gingen wir, da wir noch genügend Zeit bis 20:00Uhr hatten und zudem hungrig waren, essen.
Günstig war es nicht, ist es in Luxembourg auch nicht, doch an so einem Tag, schei.. drauf, wir ließen es uns gut gehen:

BSVA glücklich
Hauptgang des Menüs


Vorspeise: Räucherlachs auf Bulgur, das Ganze wie eine große Scheibe mit Fisch obenauf serviert.
Hauptgang: Huhn an Fenchel, Tomate und Spinat, dazu hausgemachte Kroketten mit Estragon-Sauce.
Nachtisch: Vanillesaucegefluteter Teller mit Obstdressing, in dessen Mitte eine mit Eis und mit warmen Früchten gefüllte, innen schokoladenüberzogene Waffel stand.

Hab ich eigentlich .... ihr wisst, wie es weiter geht.
Doch diesmal hatten wir Kühlung in Form eines leckeren, alkoholfreien Biers und zum Essen eiskaltes Mineralwasser.
Gutes Essen, ausreichend Trinken, Sonne, was will man mehr!

Schon gegen 19:00Uhr traf Alain ein. Wir luden ihn, da wir gerade beim Nachtisch waren, zu uns an den Tisch ein.
Anschließend suchten wir die Tiger auf und Alain half mit seiner Batterie.
Meine Frage nach Leihe, Pfand, Rückgabe usw. beantwortete er sinngemäß wie folgt

"Pfand, ne, nö! Fahrt erst mal nach Hause und kommt gut an. Wenn ihr dann o.k. seid, dann schreib mir einfach mal ne SMS, wie Du komplett heißt, wo Du wohnst, Kontaktdaten usw.. Ich sende Dir dann auch meine zu. Das mit der Rückgabe hat Zeit! Das machen wir mal, indem wir uns bei dir, bei mir oder auf nem Kaffee in Coo treffen. Oder am 23.06. diesen Jahres, da fahr ich eh zum MotoGP nach Assen, da komme ich an Eupen und Aachen vorbei, vielleicht hol ich sie mir dann ab."

Dann lies er uns nach freundlicher Verabschiedung so einfach ziehen.
Wir hatten nun seine Varadero-Batterie als Spenderorgan, er hatte lediglich meinen Vornamen und meine GSM-Nummer.
Was für ein hilfsbereiter und vertrauensvoller Mensch!

Direkt nach unserer Ankunft zu Hause habe ich Kontakt zu ihm aufgenommen, wir haben Kontaktdaten getauscht und zwischenzeitlich auch schon die Rückgabe der Batterie vereinbart.
Alain kommt uns kommenden Samstag auf einer seiner Motorradtouren besuchen.

Für diesen ausgesprochen ereignisreichen Samstag habe ich nun meinen persönlichen Tages- und Alltagshelden: ALAIN!

Hier der Übertäter der ganzen Aufregung:

Triumph-Batterie

Spenderherz






















Wieder daheim:


Trotz all der Aufregung oder gerade deswegen, besonders wegen der Hilfsbereitschaft der Motocyclistes, ganz speziell von Alain, war der Tag etwas ganz besonderes in meinem Leben:

Wir hatten keinen Unfall, nur eine Panne.
Wir waren mitten in der Zivilisation, nicht irgendwo in Pampa oder Busch.
Wir konnten uns trotz Sprachbarrieren verständigen, waren weder taub noch stumm.
Man hat uns geholfen, wir waren nicht alleine.
Wir haben vorzüglich gegessen, mussten keine Heuschrecken futtern (aber vlt. schmecken auch diese sehr gut).
Wir konnten ohne professionelle Hilfe (ADAC/ACL) auf eigenen Rädern nach Hause fahren.
Wir haben was erlebt, der Tag ist nicht sang und klanglos an uns vorbei gezogen.
Wir haben nette Menschen kennen gelernt und einen neuen Freund gewonnen.
Der Tag hat meine Einstellung zu den Menschen und ihrer Hilfsbereitschaft verändert.
Das Ereignis beeinflusst sicherlich auch mein künftiges Verhalten gegenüber anderen in solchen Situationen.
Letztendlich war es ein gelungener Tag, den ich in meinem Leben nicht missen möchte.

Zur Feier dieser erfolgreichen Tages haben wir dann abends noch mein Weihnachtsgeschenk geköpft und den fehlenden Wein zum Essen nachgeholt:

a votre santé
Weihnachtsgeschenk von Yvos Vater

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